10. August 2014
An Gott glauben ist nicht selbstverständlich. Wir werden immer wieder hinterfragt, in Frage gestellt durch unsere Umgebung, durch Erfahrungen, durch eigene Zweifel. Ist das nicht ganz normal? In der Bibel stoßen wir immer wieder auf Menschen, die diese Erfahrung machen. Sie erfahren Gott unterschiedlich, durch Zweifel und Verzweiflung hindurch. Die heutigen Lesungen geben uns dafür zwei Beispiele.
Da ist z.B. der Prophet Elija. Er hat so seine Vorstellungen von Gott: Gott ist groß und mächtig, zu vergleichen mit den überwältigenden Naturkräften (Sturm, Erdbeben, Feuer). Elija hofft auf eindeutige, mächtige Zeichen von Gottes Größe und Kraft. Aber Elija findet Gott nicht in Sturm, Erdbeben oder Feuer, sondern in der Ruhe und in der Stille. Wenn ich innerlich erfüllt bin von Lärm und Unruhe und nur große, außergewöhnliche Dinge erwarte, werde ich Gott nicht leicht finden können. Ich brauche Momente und Orte der Stille und des Schweigens, wo ich mich von meinen Erwartungen frei mache und so offen werde für Gott, der da ist.
Petrus macht seine Erfahrung mit Gott auf eine andere Weise, und zwar in und durch Jesus: „Du bist Gottes Sohn“, du hast eine besondere Beziehung zu Gott, in dir begegne ich Gott. Jesus tut das, was im AT von Gott selbst erzählt wird, der übers Wasser geht. Jesus hat also Anteil an der Welt Gottes. Er gehört zu dem Bereich Gottes.
Dieses Bewusstsein macht Petrus zunächst einmal mutig: „Befiehl, dass ich zu dir komme“. Er begegnet hier nicht dem Jesus, mit dem er täglich zusammen war, sondern mit einem Jesus in anderer Gestalt, auf dem Wasser gehend ... also mit dem auferstandenen Jesus. Und als dieser Jesus zu ihm sagt: „Komm“, verlässt er tatsächlich das sichere Boot und geht übers Wasser. Er verlässt die menschliche Sicherheit und geht ein Wagnis ein, nur auf Basis eines Vertrauens. Ist der neue Weg Jesu, der Weg des Glaubens, nicht wie ein Weg auf Wasser? Sich auf Gott verlassen, den man nicht sieht? Ist das nicht ein Weg des Wassers?
Petrus geht übers Wasser. Das gelingt ihm aber nur so lange er Jesus nicht aus dem Auge verliert. In dem Augenblick, wo er nicht mehr auf Jesus schaut (sondern auf die Wellen), verliert er den Boden unter seinen Füßen und beginnt unter zu gehen. So ist der Weg des Glaubens, der neue und tragende Weg mit dem unfassbaren Gott und auf den unfassbaren Gott zu.
Petrus ist nicht der perfekt Glaubende; aus sich schafft er es nicht, den neuen Weg konsequent zu gehen. Sobald Petrus nicht auf die bedrohlichen Wellen schaut, sondern auf Jesus, da bekommt er wieder festen Boden unter die Füße.
Erkennen wir uns selbst in diesem Petrus? Machen wir nicht die gleiche Erfahrung? Glauben an Jesus und an Gott ist eine Beziehungssache, die stets Pflege braucht. Wie oft verlieren wir im täglichen Leben Jesus, und dadurch auch Gott, nicht aus dem Auge? Und wenn wir dann z.B. in Glaubenssachen etwas nicht verstehen, wenn unser e Vernunft sich widersetzt, drohen wir unterzugehen. Mein Vertrauen zu Gott wird schwächer. Ich komme ins Wanken. Aber sollte es nicht so sein wie bei einem Menschen, den ich liebe, und wo dann Momente komme, wo ich ihn nicht verstehe? Meine Vernunft kommt nicht mit, aber deswegen hört diese Liebesbeziehung nicht auf, sondern ich werde versuchen zu verstehen und um die gute Beziehung zu kämpfen. Zweifel, ja Verzweiflung, gehören zum Glauben.
Gibt es nicht auch in unserem Leben lebensbedrohliche Stürme (eine Krankheit, Arbeitsverlust, Verlust eines Menschen...), wo wir den Boden unter den Füßen verlieren? Müssen wir dann nicht in unserer Verzweiflung rufen: „Herr, rette mich!“? Jesus streckt dann seine Hand aus. Aber ich muss sie greifen. Ob ich das tue hängt dann von der Größe meines Vertrauens zu Jesus ab. Mein Vertrauen kann durch Zweifel erschüttert werden, aber es kommt darauf an, dass ich diese Vertrauensbeziehung so pflege, dass sie nicht zerstört wird. So wie bei Petrus.